
Wer eine Marke aufbaut, möchte, dass sie genauso wahrgenommen wird, wie sie gedacht ist: eindeutig, glaubwürdig und vor allem einzigartig und einprägsam. Doch was passiert, wenn plötzlich nicht mehr du selbst oder deine PR-Abteilung darüber bestimmst, wie die Marke dargestellt wird, sondern ein Algorithmus? Sprachmodelle und KI-Assistenten wie ChatGPT sammeln Informationen, mischen sie neu und liefern Antworten – manchmal treffsicher, manchmal aber auch so verzerrt, dass die eigentliche Botschaft kaum noch zu erkennen oder völlig veraltet ist.
KI als neuer Gatekeeper der Markenwahrnehmung
Früher war die Markenkommunikation ziemlich linear: Pressemitteilungen, Werbung, ein bisschen Social Media – fertig. Heute läuft ein Großteil der Kundenreise über digitale Suchanfragen und KI-gestützte Systeme. Große Sprachmodelle wie ChatGPT oder Gemini begleiten Nutzer bei der Recherche, schlagen Anbieter vor oder erklären, warum eine Marke angeblich besonders gut (oder eben nicht) zu einem Problem passt.
Wenn die KI falsch informiert ist, kann das für dich drastische Folgen haben. Sie entscheidet mit, ob du empfohlen wirst, ob jemand Vertrauen aufbaut oder sich für die Konkurrenz entscheidet. Ohne Kontrolle darüber, welche Infos die Maschine nutzt, entsteht ein gefährliches Eigenleben.
Die Gefahr der verzerrten Darstellung
Sprachmodelle greifen auf riesige Mengen an Daten zurück. Dazu gehören Blogartikel von vor zehn Jahren, Branchenverzeichnisse, Pressemeldungen, Rezensionen – kurz: alles, was im Netz über dich existiert. Das Problem? Viele dieser Quellen sind veraltet oder fehlerhaft. Vielleicht hast du dich mit deiner Marke längst neu positioniert, ein anderes Leistungsportfolio aufgebaut oder dein Zielpublikum verschoben.
Wenn aber weiterhin alte Infos zirkulieren, bleibt dieses Bild bestehen, denn die KI fasst dann genau diese Bruchstücke zusammen. Und selbst, wenn die Darstellung nicht völlig falsch ist, kann sie verwässert sein: Statt einer klaren Positionierung landen ungenaue Begriffe, vage Beschreibungen und allgemeine Aussagen im Vordergrund. Das untergräbt die Authentizität, für die du so viel Arbeit investiert hast.
Ein Beispiel: Eine Agentur, die ursprünglich auf klassische Printkampagnen spezialisiert war, hat sich in den vergangenen Jahren vollständig auf digitale Markenstrategien fokussiert. In vielen Online-Verzeichnissen steht aber immer noch die alte Beschreibung. Fragt jetzt jemand eine KI nach einer Empfehlung für eine digitale Markenberatung, wird die Agentur oft gar nicht erwähnt – oder fälschlich als „Printagentur“ dargestellt. Genau solche Fehler können dazu führen, dass potenzielle Kunden schon im ersten Moment abspringen.
Audit als Ausgangspunkt
Um die Kontrolle zurückzugewinnen, hilft nur eins: herausfinden, wie deine Marke aktuell dargestellt wird. Dafür lohnt sich ein sogenanntes Audit.
Starte mit einem einfachen Test: Frag verschiedene Sprachmodelle (z. B. ChatGPT, Perplexity oder Gemini), was sie über deine Marke wissen. Achte darauf, ob die Antworten eher aus alten Trainingsdaten stammen oder aus aktuellen Web-Abrufen. Viele Modelle zeigen an, welche Quellen sie genutzt haben – das ist Gold wert. Alternativ kannst du aber auch nach Quellenangaben fragen.
Zusätzlich lohnt sich ein Blick in externe Profile, Branchenportale, alte Blogartikel oder Gastbeiträge. Welche Informationen stehen da? Stimmt das noch mit deinem jetzigen Selbstbild überein? Oft findest du Inhalte, die schon Jahre unbemerkt online stehen und in den Augen der KI weiterhin „gültig“ sind.
Korrektur und Aktualisierung
Nach dem Audit beginnt die eigentliche Arbeit: das Aufräumen. Zuerst solltest du all deine eigenen Kanäle prüfen. Gibt es auf der Website alte Unterseiten, die nie gelöscht wurden? Versteckte PDFs mit Präsentationen aus der Anfangszeit? Alte Eventberichte? Alles, was nicht mehr aktuell ist, sollte entweder angepasst oder direkt entfernt werden.
Die Google-Suche als erster Checkpunkt
Am einfachsten startest du mit einer gründlichen Google-Recherche über dich selbst oder deine Marke. Gib dazu den Markennamen (ggf. in Anführungszeichen, z. B. „Musterfirma GmbH“) ein, um wirklich nur die exakten Treffer zu sehen. Auch Varianten, wie frühere Firmennamen oder häufig falsch geschriebene Versionen, solltest du überprüfen. Zusätzlich kannst du branchenspezifische Begriffe anhängen (z. B. „Musterfirma GmbH Marketing“ oder „Musterfirma Beratung“), um weitere Fundstellen zu entdecken.
Unter „Bilder“ und „News“ in der Google-Suche findest du oft zusätzliche Hinweise, wo deine Marke erwähnt oder verlinkt wurde. Neben der eigenen Website tauchen bei dieser Recherche oft externe Quellen auf: alte Branchenverzeichnisse, Partnerwebsites, Gastbeiträge oder Artikel mit Autorenboxen. Diese Quellen sind deshalb so wichtig, weil sie von KI-Modellen häufig als besonders vertrauenswürdig eingestuft werden. Auch wenn es mühsam ist: es lohnt sich, hier genau hinzuschauen und bei Bedarf Kontakt aufzunehmen, um Inhalte zu aktualisieren.
Tools für den schnellen Scan
Ergänzend zur manuellen Google-Suche helfen dir Tools wie Ahrefs, Semrush oder SISTRIX, einen Überblick über alle externen Verlinkungen (Backlinks) zu bekommen. Dort erkennst du schnell, welche Seiten noch auf veraltete Inhalte verweisen oder falsche Beschreibungen enthalten.
Profile und Branchenportale aktuell halten
Zuletzt sollten auch Profile auf Business-Plattformen wie LinkedIn, Google Unternehmensprofile oder spezielle Fachverzeichnisse regelmäßig geprüft und gepflegt werden. Sie sind wichtige Bezugspunkte für KI-Systeme, wenn es um die erste Einschätzung einer Marke geht. Aktuelle Profile = aktuelle Infos für die KI-Modelle.
Erfolgsmessung im dynamischen Umfeld
Selbst wenn alles aktualisiert ist, heißt das nicht, dass sofort alles glattläuft. Viele Sprachmodelle arbeiten mit Trainingsdaten, die nur in bestimmten Intervallen aktualisiert werden. Neue Informationen können deshalb Wochen oder sogar Monate brauchen, bis sie ankommen.
Deshalb ist Geduld gefragt. Plane mindestens ein Quartal ein, bevor du überprüfst, ob die Änderungen Wirkung zeigen. Danach kann ein erneuter Audit helfen: Hat sich die Darstellung verbessert? Wird deine Marke jetzt so beschrieben, wie du es dir vorgestellt hast?
Dieser Prozess ist nicht einmalig, sondern sollte regelmäßig wiederholt werden. So verhinderst du, dass sich alte oder fehlerhafte Infos wieder einschleichen.
Authentizität als Schlüsselfaktor
Trotz aller Technik: Authentizität bleibt das Fundament einer starken Marke. Je klarer du kommunizierst, desto leichter fällt es nicht nur deinen Kunden, sondern auch KI-Systemen, dich einzuordnen. Konsistenz ist hier das Schlüsselwort.
Es geht nicht darum, überall perfekt kontrollierte Marketingbotschaften zu platzieren, sondern darum, die eigene Identität konsequent sichtbar zu machen. Eine eindeutige Sprache, ein erkennbarer Ton und ein stabiles Markenbild helfen, auch in KI-generierten Antworten stimmig aufzutauchen.
Dabei kann es sinnvoll sein, nicht nur Inhalte auf der eigenen Website zu pflegen oder alte Beiträge zu überarbeiten, sondern auch neue, frische Verlinkungen aufzubauen (Linkbuilding). Zum Beispiel durch aktuelle Gastbeiträge, Interviews oder Fachartikel auf relevanten Plattformen. Diese Verweise stärken das Gesamtbild der Marke im Netz und zeigen gleichzeitig, dass die Informationen aktuell und vertrauenswürdig sind. Ganz nebenbei entsteht so ein natürlicher Effekt, der auch die Auffindbarkeit für Suchmaschinen und KI-Anwendungen verbessert.
Die Rolle von Alleinstellungsmerkmalen
Ein starkes Alleinstellungsmerkmal (USP) ist Gold wert. Wenn klar ist, was deine Marke einzigartig macht, können Sprachmodelle diese Informationen besser aufgreifen und weitergeben. Ob innovative Technik, ein besonderer Service oder eine spezifische Haltung – alles, was eine Marke unverwechselbar macht, sollte digital so prägnant wie möglich formuliert sein.
Tipps für eine starke Markenposition in der KI-Welt
- Regelmäßig prüfen
Mindestens einmal pro Quartal die eigene Markenpräsenz in Sprachmodellen abfragen und externe Quellen kontrollieren. - Quellen priorisieren
Wichtige Profile und Websites zuerst aktualisieren. Vor allem die Kanäle, die von KIs oft zitiert werden. - Alleinstellungsmerkmale schärfen
USP klar benennen und auf allen Kanälen hervorheben, um Verwechslungen zu vermeiden. - Externe Partner einbinden
Branchenverzeichnisse, Partnerseiten oder Gastartikel bei Bedarf anpassen lassen. - Geduld mitbringen
Veränderungen brauchen Zeit. KI-Modelle aktualisieren sich nicht sofort, langfristiges Denken ist entscheidend.
Fazit: Markenbildung neu denken
Markenführung im KI-Zeitalter bedeutet zwar, die Kontrolle ein Stück weit abzugeben – aber nicht tatenlos zuzusehen. Deine Positionierung wird heute nicht mehr nur in Redaktionsplänen oder auf Konferenzen geprägt, sondern auch in digitaler Trainingsdaten.
Wenn du frühzeitig handelst, dich klar positionierst und die wichtigsten Kanäle im Blick hältst, bleibst du trotz aller Algorithmen authentisch. So bist du in den entscheidenden Momenten sichtbar und erzielst genau die Wirkung, die eigentlich schon immer das Ziel war: Vertrauen, Wiedererkennung und Relevanz.
3 Antworten